Misogi-Atmung

Die Misogi-Atmung zählt zu den traditionellen Atemübungstechniken in Japan. Es gibt zwei verschiedenen Übungsmethoden:
1.)  Okinaga  -  lange, ruhige Atmung
2.)  Harai       -  kurze, rhythmische Atmung

1.)   Okinaga-Atmung
Üblicherweise sitzt man bei dieser Atemübung im „Seiza“ (auf den Knien). Aber man kann ebenfalls auf einem Stuhl sitzen oder auch stehen. Mit genügend Übung ist diese Atemform auch während des Gehens möglich.

Haltung
Um beim Seiza korrekt zu sitzen, soll das Becken aufgerichtet und die Schultern locker nach hinten gehalten werden, so dass dadurch der Schwerpunkt nach unten sinken kann. Dabei wird die Konzentration auf den Tanden-, den Körpermittelpunkt gerichtet.

Ausatmung
Die Ausatmung erfolgt durch den Mund, langsam und ruhig mit einem „haaa – Laut“. Es ist wichtig, dass keine Luft mehr in der Lunge zurück bleibt. Um das zu erreichen wird mit einem kleinen Stoß die restliche Luft herausgedrückt (nicht zu viel Kraft einsetzen!). Der Körper beugt sich gegen Ende der Ausatmung sanft nach vorne und verweilt kurz in dieser leicht gebeugten Haltung

Einatmung
Von dieser Position aus beginnt man nun langsam und ruhig durch die Nase einzuatmen. Die Luft wird nicht „in einem großen Schwall“ auf einmal eingeatmet, sondern nur wie „ein dünner Faden“. Dabei wird der Körper von unten her beginnend mit Luft aufgefüllt, vom Unterbauch bis zum Kopf. Gleichzeitig richtet sich der Oberkörper langsam auf. Wenn die Einatmung beendet ist, sammelt man die Luft im Tandenpunkt und hält den Atem.

Natürlich atmet man mit der Lunge. Aber durch eine gute Zwerchfellatmung entsteht das Gefühl, als ob die Luft in den Bauch fließen, bzw. sich dort sammeln würde.
Während die Luft nach dem Einatmen im Tandenpunkt gehalten wird, sollen Schulter, Brust und Kehle nicht unter Druck stehen, sondern locker gehalten werden. Dadurch bekommt der Bauch automatisch eine natürliche Dicke und natürliche Spannung, wie auch beim Lachen. Diese Spannung darf auf keinen Fall selbst erzeugt werden, indem man die Muskeln anspannt!
In dieser Haltung ist es problemlos möglich die Luft längere Zeit zu halten. Wenn der Körper nach Beendigung der Einatmung ruhig geworden ist und die Konzentration im Tanden liegt, beginnt wieder die Ausatmung.
Um eine Wirkung auf den Körper zu erzielen, sollte man:
1.  mindestens 5 Minuten lang üben
2.  pro Tag auf eine gesamte Übungszeit von über 30 Minuten kommen (am besten
in einem Stück).

Wenn die Atmung über eine längere Übungszeit hinweg ausgeführt wird, zeigt sich eine stärkere Wirkung, als wenn man öfter eine kurze Zeit übt. Beim Üben ist es besonders wichtig, dass ein angenehmes Gefühl entsteht! Deshalb sollte man, gerade als Ungeübter, die einzelnen Atmungsphasen nur so langsam ausführen, wie es für sich persönlich angenehm ist. Anfangs, wenn der Atem ausgeht, soll man zwischenatmen, aber die Bewegung weiterhin ruhig ausführen, immer verbunden mit Vorstellung und Konzentration auf den Tandenpunkt.
Eine lange Ausatmung ist relativ leicht zu erlernen. Schwierig ist es aber langsam einzuatmen. Eine lange Einatmung kann man dann ausführen, wenn beim Ausatmen durch den letzten Atemstoß eine natürliche Spannung der Bauchmuskeln und des Aftermuskels entsteht (siehe oben). Wenn diese Spannung im Unterbauch gehalten wird, ist es möglich ganz langsam einen feinen „Luftfaden“ einzuatmen. Nach dem Einatmen soll man sich gänzlich entspannen (Oberkörper, Schultern, Bauch).

Die alten japanischen Meister beschreiben die Okinaga-Atmung folgendermaßen:
Beim Ausatmen stellt man sich vor, dass der Atem vom Tanden ausgehend durch alle Körperzellen nach außen ins Universum fließt und es ausfüllt. Beim Einatmen wird die gesamte Energie (Luft) des Universums eingeatmet und im Tandenpunkt konzentriert.
Dieses Prinzip der Ein- und Ausatmung kann man auch bei verschiedenen anderen Atmungsformen und Atmungsbewegungen durchführen:
Im Stehen: Dabei stellt man sich vor, dass man durch die Füße einatmet und den Atem durch Beine, Steiß-, Kreuzbein, Unterbauch und Aftermuskel die Wirbelsäule hoch bis zum Kopf und vorne zurück zum Tanden fließen lässt.

Bei der Seiza-Sitzhaltung fließt der Atem in der Vorstellung direkt durch den Unterkörper (Beine) und dann wie beschrieben zum Tandenpunkt.

2.)  Harai-Atmung
Basis bei der Harai-Atmung ist eine kurze rhythmische Atemführung im Seiza-, verbunden mit dem laut gesprochenen Mantra „toho kami emi tame“. Dabei bewegt sich der Körper im Atemrhythmus.
Diese Atmungsform ist auch im Sitzen oder Stehen und mit Bewegung möglich.

Bedingt durch den unterschiedlichen Körperbau jedes Menschen ergeben sich unter-schiedliche Bewegungen. Diese werden auch durch die Verspannungen und „Knochen-fehlstellungen“ des Körpers beeinflusst.
Der Übende soll die rhythmischen Bewegungen aus dem Körper heraus frei entstehen lassen. Dadurch ergeben sich automatisch Bewegungen, die für den Körper angenehm sind und die Spannungen und Fehlstellungen im Körper ausgleichen (s. Sotaiho-Prinzip) und gleichzeitig den Ki- und Blutkreislauf anregen.

(„Ama no torifune“ und „Furitama“ haben eine ähnliche Wirkung wie die Harai-Atmung.)

Kenji Hayashi, Feb. 2003